Depression

Weihnachten: Depression, Einsamkeit & negative Gefühle

Geschenke besorgen, das Weihnachtsessen planen und vorbereiten, die Familienaktivitäten organisieren und alle zusammentrommeln. Und das alles im festlich dekorierten Zuhause, sorgsam vorbereitet mit Tannenbaum sowie mit selbst gebackenen Plätzchen und Stollen auf dem Tisch. Die Frisur sitzt, das Kleid ist neu und die Stimmung ist bestens. Oder etwa nicht? Nicht immer und vor allem nicht für alle ist Weihnachten ein Fest der Liebe und bringen die Festtage Freude und Harmonie. Oft drängen sich Stress, Traurigkeit und Enttäuschung dazwischen. 

Große Wünsche und hohe Erwartungen

Der Kreis derer, die in der Weihnachtszeit leiden, ist nicht klein. So kamen Forscher der Universität Göttingen in einer Umfrage zu dem Ergebnis, dass viele Menschen während der Weihnachtszeit durchschnittlich wesentlich schlechter gelaunt sind und nach eigenen Angaben weniger zufrieden mit ihrem Leben sind als Menschen, die außerhalb dieses Zeitraums Auskunft über ihr Wohlbefinden gaben. Die Wissenschaftler machen den wachsenden Trubel vor Weihnachten und den steigenden Konsumdruck dafür verantwortlich. Für viele Menschen werden darüber hinaus die Tage rund um Weihnachten zunehmend zu einer ernsthaften Belastung.

 

Für viele Menschen bildet Weihnachten gewissermaßen das Jahresfinale – den höchsten Festtag im Jahresverlauf. An diesem Tag bzw. an diesen Tagen soll alles perfekt sein. Schon Wochen vorher werden erste Vorbereitungen getroffen und Pläne geschmiedet. Besonders in der Vorweihnachtszeit ist nahezu alles auf Heiligabend und die ersten beiden Weihnachtstage ausgerichtet. Meist gehen allzu hohe Erwartungen und Wünsche damit einher, die oftmals nicht erfüllt werden (können). Kommen dann noch Streitigkeiten in der Familie dazu, wird aus der angestauten Gefühlssammlung – bestehend aus Stress, Überforderung, Enttäuschung usw. – schnell ein explosives Gemisch. Dieses offenbart sich in seiner vollen Bandbreite häufig auch noch nach den eigentlichen Festtagen. Auch noch zu Beginn des neuen Jahres fallen viele Menschen in ein emotionales, psychisches „Loch“. Insbesondere Frauen sind unter den Betroffenen zu finden, da meist sie es sind, die für die Weihnachtsvorbereitungen Sorge tragen und sich beflissen in die Aufgabe stürzen.

Die post-weihnachtliche Entlastungsdepression

Für Psychologen und Psychotherapeuten ist das psychische Loch nach Weihnachten nichts Außergewöhnliches. Eine Entlastungsdepression, wie diese Gefühlslage auch bezeichnet wird, ist eine typische Begleiterscheinung, die mit der Entlastung infolge einer anstrengenden, belastenden Zeit einhergeht. Vergleichbar ist Weihnachten mit einer wichtigen Prüfung, die man mit Bravour gemeistert hat, in deren Folge sich das Hochgefühl – bedingt durch Hormonausschüttungen – jedoch nicht so richtig einstellen mag. Dies führt zu Irritationen und bringt so machen zum Grübeln: Warum fühle ich mich nicht blendend – das Fest und alles drum herum war doch so schön? Und war es nicht den Erwartungen entsprechend, sondern im Gegenteil chaotisch und frustrierend, so sind die Enttäuschung und die vermeintlich vergeudete Kraft nun umso augenfälliger. Warum tue ich mir das jedes Jahr an? Warum stecke ich so viel Energie hinein, die sowieso keiner zu schätzen weiß? In der Regel verschwindet diese Leere nach ein paar Tagen – meist in Verbindung mit neuen Aufgaben –, wen das stumpfe, taube Gefühl aber nicht loslässt, sollte sich nicht scheuen, Hilfe aufzusuchen.

Weihnachten, negative Gefühle & Einsamkeit

Weihnachten ist ein gesellschaftlich hoch aufgehängtes und emotional hoch aufgeladenes Fest. Das verheißt schon der oft zitierte Satz: Weihnachten ist das Fest der Liebe. Auch ist es für viele die wichtigste Zeit im Jahr. In Filmen und Werbung fallen sich Familien und Freunde freudestrahlend in die Arme, Freudentränen fließen und man sitzt bis weit in die Nacht munter plaudernd zusammen. Während sich die einen diesem Bild hingeben und mit aller zur Verfügung stehenden Energie das Fest gesellschaftlich konform inszenieren (und dabei Gefahr laufen, der oben genannten Entlastungsdepression zu unterliegen), treibt diese emotionale Aufladung andere erst recht in einen krisenartigen Zustand. Negative Gefühle scheinen fehl am Platz zu sein, da Weihnachten doch als glückseliges, freudiges Fest gepriesen wird. Insbesondere für einsame Menschen wird Weihnachten so schnell zur Herausforderung. Gerade jetzt wird die Einsamkeit besonders augenfällig, besonders belastend. Positive Gefühle können sich nicht auf Knopfdruck einstellen, doch der Druck glücklich zu sein, wächst. Betroffene sind traurig, ziehen sich zurück, sind verstimmt, Unlustgefühle machen sich breit.

Saisonale Depression

Experten sprechen in diesem Zusammenhang jedoch nicht von einer Weihnachtsdepression, sondern von einer saisonalen Depression. Äußere Einflüsse wie der verminderte Lichteinfall und die frühe Dunkelheit verstärken diese Tendenz. So ist der Winter erwartungsgemäß prädestiniert für saisonale Depressionen. Wenngleich also der Begriff Weihnachtsdepression nicht korrekt ist, so ist doch zutreffend, dass sich an den Weihnachtstagen vermehrt Hilfesuchende an die entsprechenden Krisenhilfen wenden. Trauer und Depressionen sind diesbezüglich wiederkehrende Motive.

 

Widerlegt werden, konnte jedoch der weit verbreitete Irrglaube, dass gerade zu Weihnachten die Suizidrate ansteigt. Die Statistik belegt diese Annahme nicht. Wohl aber gibt sie an, dass die Zahl der Suizidversuche nach den Festtagen und zu Beginn des neuen Jahres überdurchschnittlich hoch ist. Als Ursache dafür werten Experten die mit Weihnachten verknüpften zu hohen Erwartungen an die Festtage und Personen und die daraus resultierenden Enttäuschungen.

Weihnachtsenttäuschungen vorbeugen

Um Stress und Enttäuschung möglichst gering zu halten, sind die folgenden Tipps ratsam:

  • Versuchen Sie, Ihre Erwartungen an das Fest realistisch anzugehen: Sprechen Sie in der Familie über Vorstellungen und Wünsche und reduzieren Sie möglicherweise belastende Aufgaben: Auf welche Rituale kann verzichtet werden? Wollen wir wirklich allen oder nur den Kindern etwas schenken?
  • Stellen Sie Ihre eigenen Ansprüche infrage. Es muss nicht immer so perfekt sein, wie Sie denken.
  • Schenken Sie sich gegenseitig den Raum für Rückzugsmöglichkeiten. Das beugt Aggressionen und Streitigkeiten vor.
  • Nehmen Sie Kontakt zu Menschen auf, von denen Sie wissen, dass sie an Weihnachten einsam sein werden.
  • Wenn Sie selbst einsam sind, bemühen Sie sich frühzeitig um Alternativen in Ihrer Stadt, wie man den Tag oder den Abend gemeinsam mit anderen verbringen könnte. Kirchen- oder Kontakt- und Beratungsstellen bieten meist ein vielfältiges Angebot an.

Allen Hilfesuchenden in der Weihnachtszeit stehen bundesweit die Telefonseelsorge und Krisendienste zur Verfügung. Bei akuten psychischen Problemen steht Ihnen darüber hinaus das Team der Oberbergkliniken rund um die Uhr zur Verfügung.