Das Binge-Eating gehört zu den Essstörungen und ist die am häufigsten verbreitete. Es kommt zu wiederholten Essanfällen, in denen infolge eines Kontrollverlusts übermäßig große Mengen an Nahrungsmittel verzehrt werden. Diese Essanfälle erfüllen bei den Betroffenen häufig eine Funktion der Emotionsregulation – unangenehme Empfindungen werden unterdrückt. Dabei handelt es sich um ein Vermeidungsverhalten. Mittels Psychotherapie ist eine Behandlung der Binge-Eating-Essstörung möglich.
Symptomatik & Diagnostik Symptomatik & Diagnostik einer Binge-Eating-Störung
- Bei Betroffenen kommt es immer wieder zu Essanfällen. Dabei werden in einem begrenzten Zeitraum, beispielsweise innerhalb von zwei Stunden, große Mengen an Nahrung verzehrt. Die Menge ist größer als das normale Maß, das die meisten Menschen unter ähnlichen Umständen in dieser Zeit zu sich nehmen würden. Betroffene erleben während der Essattacke einen Kontrollverlust.
- Die Nahrungsmenge wird meist nicht aufgrund von Hunger verzehrt.
- Betroffene empfinden anschließend meist Scham über ihren Essanfall, den sie geheim halten.
- Nach dem Essanfall kommt es meist zu negativen Gefühlen von Schuld, Deprimiertheit und Ekel vor der eigenen Person.
- Die Essanfälle treten an mindestens zwei Tagen innerhalb einer Woche auf.
- Infolgedessen entsteht ein Leiden für Betroffene.
Weitere Auffälligkeiten
Zusätzlich zu den in der Diagnostik genannten Symptomen kann es zu weiteren Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Symptomen bei einer Binge-Eating-Störung kommen, die häufig bei Essstörungen einhergehen.
Dazu gehört ein generell gestörtes Essverhalten, wechselnd zwischen kontrolliertem (z.B. Diäten) und unkontrolliertem Essverhalten (Essanfälle). Was und wie viel verzehrt wird, variiert dabei. Essen wird häufig zur Aufhellung der Stimmung oder zum Abbau von Stress verwendet. Außerdem liegt bei Betroffenen häufig eine Störung des Körperschemas vor, Übergewicht oder Adipositas, eine gestörte Wahrnehmung des Hunger- und Sättigungsgefühls und häufiges Grübeln über Nahrung und Körpergewicht. Viele Betroffene weisen zwischenmenschliche Defizite auf und/oder unterdrücken ihre Emotionen. Bei vielen kommt es zu autoaggressiven Verhaltenstendenzen.
Häufig liegt bei Essstörungen eine Komorbidität mit anderen psychischen Erkrankungen vor. Bei einer Binge-Eating-Störung sind dies häufig Angststörungen, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen und Substanzmissbrauch vor.
Prävalenz Häufigkeit der Binge-Eating-Störung
Die Prävalenz für die Binge-Eating-Störung liegt bei 2% in der Gesamtbevölkerung.
Die Erkrankten sind zu 40% Jungen/Männer und zu 60% Mädchen/Frauen.
Ursachen & Auslöser Entstehung der Binge-Eating-Störung
Laut aktuellem Stand der Forschung entsteht eine Binge-Eating-Störung durch mehrere Faktoren, die sich auch gegenseitig beeinflussen. Diese sind:
- Häufiges Diäthalten
- Erhöhter Body-Mass-Index
- Geringes Selbstwertgefühl
- Unzufriedenheit über die eigene Figur
- Große Rolle des Erscheinungsbilds für das Selbstwertempfinden
- Geringe Unterstützung in der Familie
- Familiäre Vorbilder mit gestörtem Essverhalten
- Genetische Disposition
- Erhöhte psychische Vulnerabilität in der Kindheit
- Erhalten von Kritik bzgl. Figur und Gewicht
- Depressive Symptome
Ausgelöst werden können Essanfälle durch emotionale Probleme und Gefühle von Wut, Trauer, Ärger, Langeweile, Stress und Angst.
Zur Entstehung und Aufrechterhaltung einer Binge-Eating-Störung tragen, laut einer Studie in der wissenschaftliche Analysen zusammengefasst wurden, negative Emotionen und eine maladaptive Emotionsregulation bei. Der Anspannung folgt durch einen Essanfall eine Reduktion der Spannung, was zu einer negativen Verstärkung führt. Es ist folglich ein Konditionierungsprozess bei Betroffenen zu beobachten, der dazu beiträgt, dass die Essstörung aufrechterhalten wird.
Verlauf & Folgen Verlauf und Folgen einer Binge-Eating-Störung
Häufig ist ein wechselhafter Verlauf während einer Binge-Eating-Störung bei Betroffenen zu beobachten. Nach wochen- oder monatelanger Symptomfreiheit kann es wieder zu Phasen kommen, in denen die Essstörung wieder deutlich an Schwere zunimmt.
Ausgelöst durch die Essstörung können weitere psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen, oder somatische Erkrankungen wie Diabetes Mellitus oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen entstehen. In besonders schweren Fällen kann es durch die Binge-Eating-Störung zum Tod kommen.
Auch nach erfolgreichem Therapieverlauf kann es zu Rückfällen kommen, sodass eine Nachsorge empfehlenswert ist.
Allgemein gilt: Je früher die Essstörung behandelt wird, desto besser sind die Aussichten auf Heilung und Symptomfreiheit. Eine Binge-Eating-Störung dauert bei vielen Betroffenen nicht länger als ein Jahr an. Bei denjenigen, die jedoch länger betroffen sind, kann die Störung über ein Jahrzehnt andauern. Erfolgt keinerlei Behandlung, so kann es häufig zu einer Chronifizierung der Binge-Eating-Störung kommen, wie retrospektive Studien zeigen.
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Behandlung Therapie der Binge-Eating-Störung
Zur Therapie einer Binge-Eating-Störung können sich Betroffene, abhängig beispielsweise von der Störungsschwere, in eine ambulante, eine teilstationäre (tagesklinische) oder vollstationäre Behandlung begeben.
In der Behandlung hat sich die Psychotherapie als beste Methode herausgestellt, im Vergleich mit Diäten, Medikamenten und Selbsthilfe. Als Therapieansätze zeigt sich insbesondere die Kognitive Verhaltenstherapie als sehr effektiv bei einer Binge-Eating-Störung. Laut Studien wirkt diese bei circa 60 Prozent der Behandelten. Als zweite Empfehlung wird die Interpersonelle Psychotherapiegegeben. Auch für die Humanistische Psychotherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die Strukturierte Manualisierte Selbsthilfe liegen Empfehlungen als Behandlungsmethode vor bei einer Binge-Eating-Störung.
Bei Erwachsenen kann mittels einer Therapie mit Neurofeedback, einer Spezialrichtung von Biofeedback, eine Reduktion der Essanfällen erreicht werden. Bei Kindern wird das Einbeziehen der unmittelbaren Bezugspersonen (meist der Eltern) empfohlen.
Zur medikamentösen Therapie der Binge-Eating-Störung ist in Deutschland aktuell kein Medikament zugelassen. Es können jedoch Medikamente, die ursprünglich zu Behandlung anderer Störungsbilder eingesetzt werden, eingenommen werden. Dies sind meist Antidepressiva (2. Generation), Stimulanzien (zentralnervös wirkend) und Antikonvulsiva. Diese werden über mehrere Wochen eingenommen.
Das Hauptziel einer Therapie ist es, die auftretenden Essanfälle zu reduzieren. Damit einher geht eine moderate Gewichtsreduktionen, die von den meisten Patienten dringend gewünscht wird. Dafür wird den Betroffenen zunächst das Entstehungsmodell einer Binge-Eating-Störung erklärt. Die Patienten können dann die persönlichen Mechanismen analysieren, die bei ihnen zu Essanfällen führen. Die Analyse soll dabei helfen, den Essanfällen vorzubeugen. Im Allgemeinen sind die Symptombehandlung sowie die Behandlung weiterer psychischer Beschwerden oder komorbiden Störungen Behandlungsziele.
Therapieziele im Speziellen sind bei dieser Essstörung die Stärkung an Emotionsregulationsstrategien, Stärkung des Selbstwertgefühls, angemessene Stressbewältigung und Gefühle zuzulassen und neu zu bewerten. Zum Behandlungsende spielt die Rückfallprophylaxe der Binge-Eating-Störung eine wichtige Rolle.
Behandlung der Binge-Eating-Störung in den Oberberg Kliniken
Wenn Sie unter einer Binge-Eating-Störung leiden, erhalten Sie in den Oberberg Kliniken professionelle Unterstützung. Unsere Fachkliniken behandeln nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und mit verschiedenen Therapiemethoden, ausgerichtet an Ihren Bedürfnissen und Wünschen. Dabei glauben wir fest an das Zusammenwirken von Menschlichkeit, Verbundenheit und Evidenz in einer erstklassigen Umgebung, die von einer herzlichen Atmosphäre aus Achtsamkeit und Zugewandtheit geprägt ist.
Wir versuchen immer, mit unseren Patienten auf Augenhöhe zu kommunizieren und therapeutische Maßnahmen gemeinsam zu besprechen, wobei ihnen jedoch immer die endgültige Entscheidung vorbehalten bleibt. Nach ihrem Aufenthalt bei uns begleiten wir sie auch während der Nachsorge – natürlich nur, wenn sie es möchten.
Häufig gestellte Fragen FAQ
Nein, die meisten Menschen überessen sich hin und wieder. Dabei treten keinerlei Gefühle eines Kontrollverlust auf, es resultiert keine Beeinträchtigung des Alltags bzw. kein längerfristiges Leiden. Wenn Gefühle von Scham und Schuld nur in geringem Maße auftreten und die Essanfälle nicht verheimlicht werden, wie es bei einer Binge-Eating-Störung üblich ist, handelt es sich nicht um ein krankhaftes Verhalten. Ein genussvolles Überessen, besonders zu Festivitäten, ist kein Zeichen für eine psychische Erkrankung.
Im Englischen ist der Begriff zusammengesetzt aus den Wörtern „binge“ und „eating“. „To binge“ bedeutet sich vollzustopfen und steht auch für einen Exzess, „to eat“ bedeutet essen. Es lässt sich somit als exzessives Essen übersetzen und beschreibt die Symptomatik der Esstörung, die Essattacken.
In dem internationalen Klassifikationsverzeichnis von Krankheiten und verwandter Gesundheitsproblemen ICD-10, sind als Essstörungen neben der Binge-Eating-Störung die Essstörungen Anorexia nervosa, die Bulimia nervosa, das Pica-Syndrom, Fütterungsstörungen und Mischformen von Essstörungen aufgelistet. Sie unterscheiden sich stark in ihrer Symptomatik.
Seit dem Jahr 2013 ist die Binge-Eating-Störung eine eigenständige Diagnose.
In Deutschland sind aktuell keine Medikamente für eine Binge-Eating-Essstörung zugelassen. Es können jedoch andere Medikamente zum Einsatz kommen. Eine medikamentöse Behandlung hat sich in Studien jedoch als weniger effektiv als eine psychotherapeutische Behandlung erwiesen.
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Aktuelle Blogartikel
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