Soziale Phobie, Isolation und ihre Folgen: Risikofaktor für psychische Krankheiten
Für viele Menschen ist es erstrebenswert, ein Leben in der Mitte der Gesellschaft oder für einige sogar im Rampenlicht zu führen. Dem gegenüber steht die steigende Anzahl von Menschen, die unter einer Sozialen Phobie leiden. Für viele Menschen ist es zunehmend schwieriger, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Die permanente Angst, im alltäglichen Sozialkontakt etwas Falsches zu tun, raubt einen Großteil ihrer Lebensqualität. Die soziale Phobie geht daher mit einem starken Meidungsverhalten einher; unbehandelt führt dieses wiederum zur sozialen Isolation. Was sind die Ursachen und Symptome einer Sozialen Phobie bzw. Sozialen Isolation und welche Auswege gibt es aus der psychischen Erkrankung?
Was ist eine Soziale Phobie und wie äußert sich diese?
Wenn das Kennenlernen neuer Menschen oder das Ausüben einer Tätigkeit in der Öffentlichkeit zur Belastung wird, ist der Schritt zur eigenen Isolation nicht fern. Die Angst vor alltäglichen Dingen in der Öffentlichkeit, wie Einkaufen gehen oder Geld abheben, lähmt und lässt Betroffene Stress empfinden. Einmal in der Isolation angekommen, ist der Weg zurück aus eigener Kraft schwer und ohne professionelle Hilfe kaum zu bewältigen. Die Soziale Phobie gilt hierzulande – neben Panikstörungen, generalisierten Angststörungen, Agoraphobie und Spezifischen Phobien (Flugangst, Höhenangst) – als eine der am häufigsten auftretenden Angststörungen. Etwa 7 bis 12 % der Bevölkerung erkranken mindestens einmal im Leben an ihr. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. In der Regel tritt die Erkrankung erstmals im Jugendalter auf.
Die größte Furcht von Menschen mit Sozialer Phobie ist, von anderen Menschen als merkwürdig, peinlich oder gar lächerlich empfunden zu werden. Das eigene Verhalten und sichtbare Zeichen ihrer Angst sind ihnen peinlich. Hierzu gehören Erröten, Schwitzen oder auch Zittern. Die Angst bezieht sich auf Situationen, in denen sie als Person im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen, beobachtet oder bewertet werden könnten. Sie kann auch in Situationen auftreten, in denen der Kontakt zu anderen Menschen notwendig wird, beispielsweise bei Unterhaltungen mit Fremden, mit Menschen des anderen Geschlechts oder im Umgang mit Autoritätspersonen. Situationen wie diese vermeiden Menschen mit Sozialer Phobie möglichst oder halten sie nur unter starker Angst durch. Eine Steigerung der körperlichen Angstreaktion kann bis zu einer Panikattacke reichen.
Ursachen einer Sozialen Phobie
Die Ursachen, die zu einer Sozialen Phobie führen, können nicht eindeutig definiert werden. Fakt ist, dass es sich um ein Zusammenspiel von Gründen handelt, bei denen die genetische Anlage eine zentrale Rolle spielt. Vererbung gilt als signifikantester Grund für eine Soziale Phobie. Ein ebenfalls gewichtiger Bestandteil ist die eigene Persönlichkeit. Schüchterne Menschen, die sich ungern einer neuen Situation stellen, zeigen eine erhöhte Neigung zur Isolation. Auch die eigene Denkweise (überhöhte Erwartungen, negatives Selbstbild) kann eine Negativspirale verstärken. Von außen führen schlechte Erfahrungen mit Mitmenschen, belastende Lebensereignisse (Tod, Trennung) oder ein wenig emotionaler, aber überhöht kontrollierter und behüteter Erziehungsstil der Eltern zu einem emotionalen Ungleichgewicht. All diese Faktoren gelten als idealer Nährboden für eine Soziale Phobie und bilden gemeinsam das Ursachengeflecht.
Folgen und Auswirkungen einer Sozialen Phobie
Menschen, die unter einer Sozialen Phobie leiden, stehen vor großen Herausforderungen im Alltag und haben oft Probleme bei der Partnersuche oder dem Ausüben einer beruflichen Tätigkeit. Weitere psychische Erkrankungen, wie beispielsweise Depressionen, andere Angsterkrankungen, somatoformen Störungen oder Abhängigkeitserkrankungen, sind nicht selten. Meist tritt die Soziale Phobie zuerst auf. Bleibt sie unbehandelt, erhöht sich das Risiko für Folgeerkrankungen.
Wie eingangs erwähnt, bilden sich die ersten Symptome der Sozialen Phobie bereits im Jugendalter. Eine erste ärztliche Diagnose erfolgt aber mitunter erst zwei Jahrzehnte später. Denn Menschen mit einer Sozialen Phobie haben ein großes Schamgefühl, was dazu führen kann, dass Betroffene sich oftmals nicht trauen, die psychische Belastung, selbst gegenüber einem Facharzt, zu äußern. Die Diagnose wird meist durch Zufall im Rahmen einer Untersuchung somatischer Beschwerden erstellt. Nur jeder Dritte sucht einen Arzt konkret wegen psychischer Beschwerden auf. Aus diesem Grund haben sich im diagnostischen Gespräch Schlüsselfragen etabliert wie beispielsweise „Können Sie fremde Menschen ansprechen?“ oder „Wie geht es Ihnen, wenn Sie ein Lokal betreten und Sie werden von fremden Menschen angeschaut?“.
Therapiemöglichkeiten bei einer sozialen Isolation: Was wirklich hilft
Soziale Phobien verschwinden nur sehr selten von allein. Insbesondere im Erwachsenenalter bleiben die Beschwerden ohne therapeutische Behandlung meist dauerhaft bestehen. Mit einer individuellen Therapie sind die Heilungschancen jedoch gut. Als Therapieform kommen zwei Möglichkeiten in Betracht: eine medikamentöse Therapie mit Antidepressiva oder eine Psychotherapie in Form einer Kognitiven Verhaltenstherapie. Welche angewandt wird, hängt von den individuellen Vorlieben des Patienten ab. Sollte die präferierte Therapie keine Fortschritte erzielen, ist es möglich, zur jeweils anderen Form zu wechseln. Auch eine Kombination beider Varianten ist möglich.
Ärzte tendieren beim Auftreten von Ängsten dazu, Beruhigungsmittel, sogenannte Benzodiazepine, zu verschreiben. Diese lindern die Angst recht schnell, können jedoch bei einer Einnahme über einen längeren Zeitraum abhängig machen. Sie sollten daher nur in Ausnahmefällen über eine kurze Spanne Anwendung finden. Studien belegen zudem, dass eine Psychotherapie Ängste nachhaltiger bekämpfen kann als eine medikamentöse Behandlung. Alternativ zur Kognitiven Verhaltenstherapie ist es möglich, sich einer psychodynamischen Psychotherapie zu unterziehen. Auch in diesem Fall kann der Patient die Entscheidung nach individuellen Vorlieben fällen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass bei der Suche nach einer geeigneten Psychotherapie Wartezeiten entstehen können.
Die eigenen Ängste erkennen und ernst nehmen: Wie Sie eine soziale Phobie überwinden können
Eine Soziale Phobie mindert die Lebensqualität und ist eine ernst zu nehmende psychische Erkrankung, die unter fachlicher Aufsicht therapiert werden sollte. Das Ziel der verschiedenen Therapieformen bei einer Sozialen Phobie ist stets gleich: die Überwindung des eigenen Schamgefühls und die Stärkung des eigenen Selbstempfindens. Dazu gehört auch die Konfrontation mit problematischen Alltagssituationen in der Mitte der Gesellschaft. Angst- und Panikstörungen bilden einen Schwerpunkt der Oberbergkliniken und können mit den verschiedensten psychotherapeutischen Ansätzen gut behandelt werden. Eine nachhaltige und deutliche Verbesserung der Lebensqualität ist möglich – den ersten Schritt aber müssen Betroffene selbst wagen. Damit intensive Angstsymptome wie Stress, Schwitzen, Erröten und Zittern schon bald nicht mehr den Alltag dominieren.
Weiterführende Informationen & Quellen:
- https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/55037/Psychotherapie-wirkt-bei-sozialer-Phobie
- http://www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/soziale-angst-mir-wurde-auf-der-arbeit-uebel-a-1104346.html
- https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/neuro-psychiatrische_krankheiten/article/929143/kognitive-verhaltenstherapie-psychotherapie-normalisiert-hirn-sozialphobie.html
- https://www.zeit.de/community/2014-05/angststoerung-studium-psychotherapie
- https://www.psychenet.de/de/psychische-gesundheit/informationen/soziale-phobie.html
- http://www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/verhaltenstherapie-bei-angststoerungen-staerker-als-die-angst-a-1142736.html