Stille Panikattacke - wenn Angst und Panik im Verborgenen bleiben
Laut einem Bundes-Gesundheitssurvey des RKI erleiden 3,9 % aller Deutschen innerhalb ihres Lebens mindestens einmal eine Panikattacke: Aktuell sind offiziellen Angaben nach mehr als 1,5 Millionen Menschen von einer Panikstörung betroffen, Frauen dabei doppelt so häufig wie Männer. Doch eine Panikattacke ist nicht gleich Panikattacke, denn fachlich wird zwischen der klassischen, nach außen hin sichtbaren und auf der Gegenseite der stillen Panikattacke unterschieden. Für Betroffene sind aus offensichtlichem Grund beide eine enorme Belastung, die mit signifikanten Einschränkungen der Lebensqualität einhergeht.
Während Betroffene bei der klassischen Panikstörung für Außenstehende sichtbar leiden, beispielsweise durch Symptome wie starkes Schwitzen, extremes Zittern, lautes Atmen oder panische Laute, leiden Betroffene bei der stillen Panikattacke im Verborgenen. Beide Variationen der Panikstörung können laut dem US-Gesundheitsministerium in jedem beliebigen Lebensalter auftreten, wobei statistisch eine Tendenz in Richtung junger Erwachsener und speziell junger Frauen vorliegt. Eine gezielte, ganzheitliche und individuelle Behandlung in einem sicheren Umfeld kann Betroffenen helfen: Das Therapieangebot der Oberberg Kliniken behandelt Angst- und Panikstörungen, sowohl in stiller als auch offener Ausprägung, durch wissenschaftlich fundierte und neuartige Behandlungskonzepte.
Symptome Symptome: Wie äußert sich eine stille Panikattacke?
Die stille Panikstörung unterscheidet sich von klassischen Panikattacken nicht dadurch, dass Symptome für Betroffene selbst unbemerkt bleiben würden, sondern sie lediglich für Dritte nicht eindeutig oder gar nicht erkennbar sind. Betroffene leiden in der Folge selbstverständlich nicht minder darunter, denn im Moment der stillen Panikattacke schreit der komplette Körper, psychisch, physisch und emotional, nach Hilfe. Nicht alle Symptome müssen zusammen auftreten, es ist im Gegenteil durchaus denkbar, dass sich einige Symptome dauerhaft stärker manifestieren oder die Symptomatik zwischen einzelnen stillen Panikattacken sogar variiert - sowohl was die Symptome selbst anbelangt als auch deren Intensität.
Psychologische Symptome
Zu den häufigsten psychischen Symptomen gehört die sogenannte Depersonalisierung beziehungsweise Derealisierung. Gemeint ist damit ein psychisches Empfinden, bei dem sich Betroffene von ihrem eigenen Körper und/oder der Umgebung losgelöst fühlen. Sie versetzen sich selbst also in die Stellung eines Dritten, mitunter wirken das eigene Ich oder die Umgebung (sowie Mitmenschen) dadurch auch ein Stück weit unwirklich beziehungsweise surreal.
Hand in Hand geht das nicht selten mit einem Gefühl der Isolation beziehungsweise einer ausgeprägten Verwirrung oder Verunsicherung. Betroffene berichten zudem vermehrt über kreisende Gedanken: Sie haben das Gefühl, ihr eigenes Denken nicht mehr aktiv beeinflussen zu können, stattdessen rasen beziehungsweise kreisen die Gedanken sprunghaft hin und her, mitunter stellt sich parallel dazu auch ein starkes Gefühl von Angst und Terror ein. Die Gedanken, die während der stillen Panikattacke von Betroffenen empfunden werden, können verstörend sein, unkontrollierbar erscheinen und so aufdringlich beziehungsweise omnipräsent sein, dass sich das dadurch empfundene Unwohlsein noch weiter verstärkt.
Körperliche Symptome
Eine stille Panikstörung manifestiert sich mit ihrer Symptomatik typischerweise auch auf körperliche beziehungsweise physische Weise. Das Symptombild ist mit Hinblick auf die körperlichen Beschwerden durchaus vielfältig - erneut müssen Betroffene weder alle Symptome zeitgleich noch regelmäßig empfinden. Mehrere Betroffene, die allesamt unter einer diagnostizierten stillen Panikstörung leiden, können folgerichtig über ganz unterschiedliche körperliche Beschwerden berichten.
Sehr häufig bemerken Betroffene eine außergewöhnlich hohe Herzfrequenz, haben also das Gefühl des Herzrasens. Arme und Beine könnten kribbeln oder sich taub anfühlen, auch schlagartig auftretende Kopfschmerzen, die durchaus die Intensität einer Migräne erreichen können, sind nicht selten. Der Körper, der sich in dem Moment des aktiven Auftretens der Panikstörung in einem scheinbar unkontrollierten Zustand der Angst befindet, löst in der Folge immer mehr Alarmsignale aus. Diese stehen teils auch in direkter Abhängigkeit zueinander, so könnte beispielsweise eine Atemnot auftreten, die in der Folge zu Schwindel führt.
Verschwommenes Sehen gehört zum Symptombild ebenso wie beispielsweise das Gefühl einen Kloß im Hals zu haben. Übelkeit, Durchfall beziehungsweise generell Magen-Darm-Probleme können durch den erlittenen Stress auftreten, wobei die sichtbare Manifestierung dieser Symptome dann schon Schnittstellen zur klassischen, auch von Dritten sichtbaren Panikstörung aufweist.
Emotionale Reaktionen und veränderte Verhaltensweisen
Die stille Panikattacke ist in dem Moment, wo sie auftritt, für Betroffene aus offensichtlichen Gründen eine massive Belastung. Damit einher geht in der Folge eine starke emotionale Belastung, wobei die emotional getriebene Reaktion auf die Panikstörung durchaus unterschiedlich ausfällt. Einigen Betroffenen merkt man ihre Angst mitunter gut an, andere reagieren gereizt, verwirrt oder sind generell in dem Moment kaum noch ansprechbar.
Außenstehende, die die Betroffenen sehr gut kennen, bemerken mitunter ein verändertes Verhalten. Das kann aber sehr subtil auftreten, denn charakteristisch für die stille Panikattacke ist nun einmal, dass diese von Dritten eben nicht sofort erkennbar ist. Häufig ziehen sich Patienten während der stillen Panikattacke zurück. Das ist logisch: Körperliches und psychologisches Unwohlsein resultiert meistens in einer Rückzugsreaktion, der Organismus schaltet dann in den Fluchtmodus.
Ursachen Mögliche Ursachen für stille Panikattacken
Für die stille Panikattacke gibt es nicht die eine, universell gültige Ursache. Stattdessen spielen eine Reihe von Risikofaktoren und potenziellen Auslösern eine Rolle. In der Wissenschaft wird hierbei zwischen drei möglichen Ursachengebieten differenziert: Biologisch bedingte Ursachen, psychologische Faktoren und Trigger aus der Umwelt beziehungsweise dem sozialen Umfeld.
Biologische und genetische Aspekte
Biologische Ursachen sind allen voran ungünstige genetische Veranlagungen. Begleitet eine sporadische oder regelmäßige Panikstörung bereits Eltern oder Großeltern, könnten entsprechende Marker an Betroffene vererbt worden sein. Diese allein führen im Regelfall nicht unmittelbar zu einer Panikstörung, können das Risiko für deren Auftreten, gepaart mit anderen Ursachen, aber steigern. Ebenfalls könnten gestörte oder ins Ungleichgewicht geratene Neurotransmitter eine Schlüsselrolle spielen. Sind bestimmte Botenstoffe zu stark oder zu wenig ausgeprägt, kann dieses Ungleichgewicht zur Entstehung von Angststörungen und damit auch der stillen Panikattacke beitragen.
Psychologisch bedingte Ursachen
Psychische Ursachen für eine vorliegende Panikstörung sind noch weitaus vielfältiger: Traumatische Erlebnisse, entweder in der jüngeren Vergangenheit oder beispielsweise im Kindesalter erfahrene Traumata, können imminent oder viele Jahre später zu Angststörungen führen - die dann wiederum mitunter in einer stillen Panikattacke resultieren. Dauerhafter Stress, das Gefühl von Überbelastung oder generell starke Angst sind weitere psychische Trigger. Auch eine sehr stark ausgeprägte Selbstbeobachtung kann zu Panikattacken führen: Betroffene nehmen ihren eigenen Körper und vermeintliche Zeichen von diesem dann sehr explizit wahr, interpretieren selbige mitunter falsch oder übermäßig stark und geraten dadurch in eine Spirale der Angst und Sorge.
Risikofaktoren aus der Umwelt und dem sozialen Umfeld
Der Mensch existiert nicht im Vakuum, folglich können unabhängig von den eben genannten Ursachen solche auftreten, die durch Dritte oder eine bestimmte Lebenssituation hervorgerufen werden. Beispiele hierfür gibt es reichlich, häufig haben diese eine deutliche Überschneidung zu psychischen Risikofaktoren. Leiden Betroffene am Arbeitsplatz, beispielsweise unter enormen Stress, Erfolgsdruck oder Mobbing, kann das Panikattacken ebenso begünstigen, wie besonders aufwühlende Lebensereignisse. Das müssen wiederum nicht zwangsläufig Traumata sein: Menschen, die aufgrund anderer Faktoren zu einer Panik- beziehungsweise Angststörung neigen, könnten bereits durch stressige Erlebnisse eine stille Panikattacke triggern - zum Beispiel durch einen Umzug, Geldsorgen oder soziale Isolation beziehungsweise ein stark vermindertes Selbstwertgefühl.
Denkbar sind speziell bei der Betrachtung der sozialen und Umweltfaktoren zudem Angstspiralen: Betroffene erinnern sich an eine bestimmte Situation, in der sie bereits eine stille Panikattacke erlitten haben, und versuchen diese und vergleichbare Situationen fortan zu vermeiden. Manchmal kann das sinnvoll sein, häufig aber nicht - und oft genug ist es unmöglich. Aufgrund der Angst vor der jeweiligen Situation und den bereits da stattgefundenen Erfahrungen, entsteht eine Angstspirale, die andere Trigger wiederum verstärkt. So versuchten Betroffene durch ihr Vermeidungsverhalten und Sicherheitsstrategien eigentlich neue Panikattacken zu vermeiden, haben sie durch diese übermäßige Fokussierung aber stattdessen begünstigt. Schlimmstenfalls entsteht ein Teufelskreis - dieser lässt sich durch eine psychologische Behandlung aber durchbrechen.
Auswirkungen So wirken sich stille Panikattacken auf das Leben von Betroffenen aus
Panikattacken nehmen nicht nur in dem jeweiligen Moment wo sie aktiv auftreten Einfluss auf die Lebensfreude und Lebensqualität von Betroffenen, sondern können wie ein omnipräsentes Damoklesschwert über diesen hängen. Der Hauptgrund dafür ist die ständige Angst, die Betroffene durchleben, da sie nicht unberechtigterweise davon ausgehen, dass die nächste (stille) Panikattacke jederzeit und ohne große vorherige Ankündigung auftreten könnte. Dieses ständige Gefühl von Angst und Panik gegenüber dem, was kommen könnte, hat weitreichende Folgen.
- Psychische Auswirkungen: Depressionen und depressive Störungen, ein vermindertes Selbstwertgefühl und das Gefühl von einer dauerhaften Anspannung.
- Soziale Auswirkungen: Verstärkte Isolation und sozialer Rückzug, die Schwierigkeit zwischenmenschliche Beziehungen einzugehen und mitunter dauerhafte veränderte Verhaltensweisen oder Wesensveränderungen, die auch auf das soziale Gefüge von Betroffenen Einfluss nehmen. Der Alltag von Betroffenen wird durch die Panikstörung erheblich beeinträchtigt sein, ebenso die Leistungsfähigkeit, zum Beispiel im Studium oder am Arbeitsplatz.
- Körperliche Auswirkungen: Schlafstörungen sind denkbar, allen voran wenn bereits stille Panikattacken unangekündigt in der Nacht auftraten. Des Weiteren kann dauerhaft empfundener Stress eine ganze Reihe von physischen Beschwerden freilegen, zum Beispiel Reizdarm und Reizmagen, Migränen oder Suchtverhalten.
Generell nehmen häufiger aufgetretene stille Panikattacken erheblichen Einfluss auf das Leben der Betroffenen, allen voran durch das sich dabei vermehrt einstellende Vermeidungsverhalten. Mitunter richten diese Menschen ihren Alltag komplett auf eventuell auftretende Panikattacken aus. Positive Erlebnisse oder bestimmte Ziele spielen dann nur noch eine untergeordnete Rolle gegenüber der Angst, die die Struktur des Alltags dominiert - wodurch Lebensqualität und -freude weiterhin sukzessive abnehmen.
Wie manifestieren sich stille Panikattacken in der Gesellschaft?
Die Wahrnehmung und Akzeptanz von psychologischen Beschwerden nahm in der jüngeren Vergangenheit, beispielsweise bedingt durch die soziale Isolation während der Corona-Pandemie mitsamt den daraus resultierenden Spätfolgen, konsequent zu - was zunächst positiv zu bewerten ist. Dennoch haftet an psychologischen Erkrankungen nach wie vor ein Stigma, das bei stillen Panikattacken noch stärker ausgeprägt ist - da die Symptome und das Leiden der Betroffenen für andere Menschen nicht sichtbar sind.
Das Leiden der Betroffenen, das sie selbst empfinden aber sich kaum oder gar nicht sichtbar nach außen manifestiert, könnte im Bekannten- und Familienkreis ebenso wie bei Fremden auf mangelnde Akzeptanz stoßen. Frei nach dem Motto: "Was ich nicht sehe, darunter leidet der andere auch nicht". Diese fehlende Akzeptanz führt im Gegenzug zu weitreichenden Folgen, unter anderem sozialer Isolation und dem konsequenten stillen Leiden, welches eigentlich einer zielführenden Therapie und Behandlung weichen müsste.
Behandlungsmöglichkeiten Welche Maßnahmen können gegen stille Panikattacken ergriffen werden?
Einerseits wäre eine weitläufige und allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz dieses Krankheitsbilds ebenso wie anderer psychologischer Störungen und Erkrankungen wünschenswert. Damit würde Betroffenen der Weg in professionelle Hilfe signifikant erleichtert werden, eine weitläufige gesellschaftliche und soziale Akzeptanz würde zudem stressreduzierend auf Betroffene wirken.
Diese selbst sollten sich Hilfe holen. Unterstützung aus dem Bekannten- und Familienkreis ist wünschenswert, ersetzt aber keine professionelle Hilfe. Diese finden Menschen, die häufiger unter einer stillen Panikattacke leiden, unter anderem im Verbund der Oberberg Fachkliniken. Erfahrene Therapeuten nutzen wissenschaftlich fundierte und fortschrittliche sowie ganzheitliche Ansätze, um gemeinsam mit Betroffenen einen Weg aus der Angst zu finden und die Wahrscheinlichkeit für Panikattacken zu reduzieren. Kognitive Verhaltenstherapien und Achtsamkeitstraining weisen ebenso wie parallel stattfindende Entspannungstechniken deutliche Erfolge in der Behandlung von Panikattacken vor.
Des Weiteren bekommen Patienten in den Oberberg Kliniken in heilsamer Umgebung Mittel und Wege aufgezeigt, wie sie sich individuell gegenüber Panikattacken schützen und im Fall der Fälle mit diesen kontrolliert umgehen können.
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Häufige Fragen und Antworten zu stillen Panikattacken
Das ist absolut möglich: Herzrasen, Atemnot, Zittern und Schwitzen sind klassische Symptome der "lauten" Panikattacke, können aber, mitunter in abgeschwächter Form, auch bei der stillen Panikattacke auftreten. Diese charakterisiert sich aber dadurch, dass die "unsichtbaren" Symptome deutlich stärker ausgeprägt sind oder gar keine sichtbaren Symptome auftreten.
Medikamentöse Therapien sind zu berücksichtigen und können Betroffenen Linderung verschaffen. Ob das sinnvoll ist, ist von Einzelfall zu Einzelfall zu entscheiden. Abgesehen von den Nebenwirkungen der typischerweise starken Präparate, ist aber ebenso zu bedenken, dass dauerhafte medikamentöse Behandlungen die Vermeidungsstrategien nur noch weiter verstärken können und mitunter zu keinem offenen, nachhaltigen Umgang mit der Panikstörung und ihrer Ursache führen.
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