Dissoziation ist als strukturierte Separation mentaler Prozesse beschreibbar. Bei der Entstehung dissoziativer Störungen spielen traumatische Erfahrungen eine wichtige Rolle. Im Rahmen eines Diathese-Stress-Modells wird Dissoziation als Stress-assoziiertes Verhaltensmuster konzeptualisiert, das in Abhängigkeit einer individuellen Disposition und dem Ausmaß belastender Erfahrungen auftritt. Die individuelle Disposition ist unter anderem durch genetische Faktoren und frühere traumatische Erfahrungen in Verbindung mit dem Fehlen von protektiven Faktoren bestimmt. Studien zu den neurobiologischen Korrelaten von Dissoziation deuten auf eine wichtige Rolle von emotionsverarbeitenden Hirnregionen hin. So zeigt sich im Rahmen von dissoziativen Zuständen eine Herabregulation der Amygdala, die mit einer gestörten Informationsverarbeitung und einer Inhibition von Lernvorgängen einhergeht. Dies betont die Notwendigkeit der gezielten Behandlung von dissoziativen Symptomen im Rahmen einer suffizienten Psychotherapie bei Stress- und Trauma-assoziierten Erkrankungen.
In diesem Vortrag werden zunächst die aktuellen Entwicklungen in der Diagnostik dissoziativer Störungen, v.a. die neuen Entwicklungen im ICD-11, dargestellt. Außerdem wird ein Behandlungsleitfaden für dissoziative Störungen vorgestellt und Besonderheiten bei funktionelle neurologische Störungen aufgezeigt.