Wie kommt man aus einer Psychose raus? Wo Betroffene und Angehörige Hilfe finden.
Eine „Psychose“ ist der Überbergriff für schwere psychische Störungen, bei denen die Betroffenen zeitweise den Bezug zur Realität verlieren und ihre Umwelt anders wahrnehmen als gesunde Menschen. Häufig wird ihre Wahrnehmung durch Wahnvorstellungen und Halluzinationen beeinflusst, welche die Betroffenen in ihrer Lebensgestaltung stark beeinflussen.
Psychosen können Teil verschiedener psychischer Erkrankungen sein: Die Formen einer psychotischen Störung reichen von einer Schizophrenie bis hin zu einer bipolaren oder schizoaffektiven Störung.
Der Begriff der „Psychose“ ist dabei jedoch sehr umstritten. Zum einen ist er durch kontrovers diskutierte Krankheitstheorien vorbelastet, zum anderen wird er uneinheitlich verwendet. Daher wird die Bezeichnung „Psychose“ für psychische Erkrankungen in den aktuellen Klassifikationssystemen ICD-10/11 und DSM-V nicht mehr genutzt. Es ist nunmehr die Rede von „psychotischen Störungen“, wohingegen im Alltag der Begriff „Psychose“ nach wie vor Verwendung findet.
Wie äußert sich eine akute Psychose?
Den Betroffenen ist meist nicht bewusst, dass sich ihre Wahrnehmung der Umwelt anderer Menschen maßgeblich unterscheidet. Deshalb besteht bei vielen auch kein Krankheitsgefühl, sehr wohl aber ein Leidensdruck. Je nach Schweregrad der akuten Psychose können Alltagsfähigkeiten noch abgerufen und Routinetätigkeiten ausgeführt werden. Da eine gewisse Funktionalität u.U. bewahrt wird und den Betroffenen ihr psychotischer Zustand selten bewusst ist, muss genau beobachtet und eruiert werden.
Folgende Symptome können bei einer akuten Psychose auftreten:
- Zusammenhangs- oder gegenstandsloses Sprechen
- Wahn (jeder Art, z.B. Kontroll- oder Beeinflussungswahn, unrealistischer/kulturell unangemessener Wahn)
- Kommentierende oder dialogische Stimmen, die über das Verhalten der betroffenen Person sprechen, oder andere Stimmen, die aus bestimmten Körperteilen kommen
- Tägliche Halluzinationen (alle Sinne betreffend: Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, Tasten, Fühlen), Gedankenlautwerden oder -ausbreitung (d.h. die Empfindung, dass die eigenen Gedanken von Anderen gehört werden können bzw. die Gedanken nicht mehr Teil der eigenen Person sind, sondern Andere an den Gedankengängen teilnehmen)
- Gedankeneingebung (d.h. die Gedanken von Anderen werden auf die eigene Person übertragen) oder Gedankenentzug (d.h., Abreißen der eigenen Gedanken oder das Gefühl, der Gedanken beraubt zu sein)
- Katatone Symptome wie Körperstarre, Erregung, Haltungsstereotypien, Negativismus, Mutismus und Stupor
- Soziales Rückzugsverhalten und Vernachlässigung bisheriger/gewohnheitsmäßiger Verantwortlichkeiten (z.B. bezogen auf Arbeit, Schule, das häusliche Leben und die sozialen Aktivitäten)
Treten mehrere dieser Symptome seit mindestens einem Monat auf, könnte der Betroffene unter einer akuten Psychose bzw. einer Form der Schizophrenie leiden. Tritt die Episode erstmals, erneut oder stark auf (mit einer Verschlechterung), dann spricht man auch von einer akuten psychotischen Episode. Bestehen die o.g. Symptome länger als 3 Monate, könnte es sich um eine chronische Psychose handeln.
Was tun bei einer akuten oder chronischen Psychose?
Für ein besseres Verständnis der Krankheitsentstehung und -behandlung sollten Betroffene und/oder pflegende Angehörige/Bezugspersonen sich fragen, wann die psychotischen Symptome begonnen haben. Außerdem sollte geklärt werden, ob bereits eine psychotische Episode aufgetreten ist und, welche spezifischen Behandlungen stattfanden oder derzeit stattfinden.
Auch die Abgrenzung von anderen psychischen/physischen Erkrankungen ist von Bedeutung. So können einige der aufgelisteten Symptome einer akuten Psychose auch bei manischen oder depressiven Episoden vorkommen, weshalb für die Diagnose einer psychotischen Störung die genannten Kriterien der Depression/Manie zeitlich vorausgegangen sein müssen. Zudem ist sicherzustellen, ob die Symptome drogeninduziert sind (Alkohol- oder Drogenvergiftung) oder durch Entzugserscheinungen hervorgerufen werden. Wichtig ist auch, die akute Psychose von einem Delir (akuten Verwirrungszustand) zu unterscheiden, welches durch akute Erkrankungen wie einer Blutvergiftung ausgelöst werden kann.
Maßnahmen bei einer akuten Psychose/Schizophrenie
- Vertrauen Sie sich einer Bezugsperson an und nehmen Sie Hilfeleistungen in Anspruch
- Kontaktaufnahme mit dem zuständigen sozialpsychiatrischen Dienst - dieser kann Informationen und Anlaufstellen bieten
- Beginn einer ärztlichen antipsychotischen pharmakologischen Therapie
- Inanspruchnahme einer Psychotherapie und sozialer Interventionen (z.B. Familientherapie)
- Rehabilitative Maßnahmen mit regelmäßigen Folgeterminen, um realistische Hoffnung und Optimismus auf Heilung/Besserung zu erhalten
Maßnahmen bei einer chronischen Psychose/Schizophrenie
- Sicherstellen der Compliance (Therapietreue)/Aufrechterhaltung der Behandlung
- Anpassen/Ändern der Medikation
- Inanspruchnahme von Interventionen wie einer Psychotherapie
- Weitere Maßnahmen wie die oben genannten
An dieser Stelle sei einmal explizit betont, dass es in Deutschland gute Behandlungsmöglichkeiten für psychotische Störungen gibt und für Betroffene Aussicht auf Genesung besteht. Wichtig ist, dass schnell gehandelt wird. Durch eine adäquate Behandlung wird die betroffene Person dabei unterstützt, ihr soziales Umfeld zu bewahren, weiterhin einen Beruf auszuüben und Hobbies nachzugehen.
Weitere Empfehlungen bei einer Psychose
Informationen
Betroffene Personen und ggf. deren Betreuungspersonen sollten sich über die Erkrankung informieren oder über diese informiert werden. Zur Verfügung gestellte Informationen können z.B. Aufschluss über Psychotherapien, Psyche, ambulante Angebote in Gemeinden, Unterstützungsleistungen für Familien und Freiwilligenorganisationen geben.
Kooperation
Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Betroffenen und engen Bezugspersonen sollte etabliert werden. Hilfe in Form einer Psychotherapie oder einer anderen Behandlung bzw. Versorgung sollte in einer generell optimistisch gestimmten Atmosphäre stattfinden.
Unterstützung
Menschen im Gesundheitswesen sollten den Betroffenen einer Psychose schnellstmöglich den Zugang zur Psychotherapie und anderen Behandlungen ermöglichen und Betroffene bei der konstanten Inanspruchnahme jener unterstützen. Auch eine Vermittlung zwischen Diensten und Leistungsträgern sowie pflegenden/betreuenden Personen und dem Betroffenen kann einiges bewirken.
Behandlung einer Psychose in den Oberberg Kliniken
In den Oberberg Fachkliniken für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie behandeln wir Psychosen und alle anderen Erkrankungen der Psyche. Dabei verbinden wir moderne, wissenschaftlich fundierte Therapien in hoher Intensität und Individualität. Oberberg unterstützt Menschen jeden Alters in schweren seelischen Krisensituationen mit effizienten Behandlungskonzepten. Dabei glauben wir fest an das Zusammenwirken von Menschlichkeit, Verbundenheit und Evidenz in einer erstklassigen Umgebung, die von einer herzlichen Atmosphäre aus Achtsamkeit, Zugewandtheit, Respekt und gegenseitigem Vertrauen geprägt ist.
Kontaktaufnahme Hilfe bei einer Psychose
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Hendlmeier, I., Hoell, A. & Schäufele, M (2015): Leitfaden Psychische Problemlagen. Hg. v. Zentrum für Qualität in der Pflege. www.zqp.de/wp-content/uploads/Pflegeberatung_Leitfaden_Psychische_Problemlagen.pdf (abgerufen am 25.11.2021).
Janssen-Cilag GmbH (o.D.): Psychosen verstehen – Teil 1: Entstehung, Ursachen, Symptome. www.kompass-therapiebegleiter.de/sites/default/files/download/Janssen_Cilag_GmbH_kompass_Broschuere_Psychosen_verstehen_Teil_1_Entstehung-Ursachen-Symptome_0.pdf (abgerufen am 26.11.2021).
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