Kinder und Jugendliche ADHS

Psychisch auffällige Kinder: Ab wann sind Verhaltensauffälligkeiten Anzeichen für eine psychische Erkrankung des Kindes?

Es ist eines der sensibelsten Themen überhaupt. Eines, über das Eltern nicht gerne sprechen. Auch dann nicht, wenn die Sorgen überhandnehmen, die Last auf den Schultern sie beinahe erdrückt. Wenn das eigene Kind psychisch auffällig ist, wollen viele das lange nicht wahrhaben. Groß ist die Angst, als Elternteil versagt und zum Schicksal des Kindes maßgeblich beigetragen zu haben. Doch entspricht das der Realität? Woran erkenne ich als Elternteil, dass mein Kind „auffällig“ ist? Welche Frühwarnzeichen gibt es, die auf eine Erkrankung hindeuten?

Psychische Krankheiten im Kinder- und Jugendalter

Rund ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen im Alter von 7 bis 13 Jahren fällt einer Studie des Robert Koch Instituts (KiGGs, 2014) zufolge in die Risikogruppe für psychische Auffälligkeiten. Jungen sind dabei öfter betroffen als Mädchen. Außerdem sind Jungen in der Altersspanne 7 bis 13 Jahre anfälliger für psychische Auffälligkeiten als in den Jahren 3 bis 6 und 14 bis 17. Bei Mädchen kann so eine Tendenz nicht beobachtet werden.Für beide Geschlechter kann ein Zusammenhang von sozialem Status der Herkunftsfamilie und dem Auftreten von Symptomen hergestellt werden: Je geringer der soziale Status, desto häufiger können Auffälligkeiten festgestellt werden. Neben Beeinträchtigungen im familiären sowie sozialen Umfeld haben psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen vor allem Auswirkungen auf den schulischen (und beruflichen Ausbildungs-) Bereich. Auch können Erkrankungen, die ihren Ursprung in jungen Jahren haben, bis ins Erwachsenenalter andauern. Es ist daher wichtig, Symptome frühzeitig erkennen und einordnen zu können, um langfristigen problematischen Entwicklungen und damit einhergehenden Folgen entgegenzusteuern.

Krankheitsbilder und Symptome

Ein auffälliges Benehmen legt jedes Kind einmal an den Tag. Ob im Bereich Verhalten, Stimmung, Gefühlsleben, Konzentration, Aufmerksamkeitsbestreben, vegetatives Nervensystem etc. – Veränderungen gehören zum familiären Alltag und sind Eltern nicht fremd. Aufmerksamkeit ist jedoch dann geboten, wenn problematische Verhaltensweisen nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind oder ein plötzlicher Wechsel im Auftreten des Kindes oder Jugendlichen ohne ersichtliche Ursache zu bemerken ist. Wenn eine Störung mehrere Tage und Wochen anhält, kann dies ein Indiz für eine Erkrankung sein. Auch phasenweise auftretende Veränderungen bedürfen der Beobachtung. Empfehlenswert ist es, diese in einem Kalender zu notieren, um zum einen eine Tendenz abbilden und zum anderen eine Grundlage für eine erste Beurteilung (durch den Kinderarzt, Psychologen etc.) vorlegen zu können. 

Bei den Anzeichen unterscheiden Experten nach innen und nach außen gerichtete Symptome: Nach außen gerichtete Symptome umfassen unter anderem Aspekte aggressiven und gewalttätigen Verhaltens, Reizbarkeit, Hyperaktivität, Wutausbrüche, Impulsivität, Leistungsverweigerung, verantwortungsloses Verhalten oder etwa auch Schreien ohne ersichtlichen Grund. Zu den nach innen gerichteten Symptomen zählen Angst, Übervorsichtigkeit, Depression (anhaltende Traurigkeit oder Besorgnis), Verlust persönlicher Interessen, Konzentrationsschwierigkeiten, Leistungsrückgang, Schlafstörungen und Albträume, Rückschritte in der Entwicklung (z. B. Bettnässen, Daumenlutschen), physische Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Übelkeit ohne ersichtliche körperliche Ursache, Rückzug aus dem Sozialleben oder auch emotionales Abstumpfen. Im Alltagsgeschehen äußern sich diese Symptome beispielsweise in häufigen Konflikten mit anderen Mitmenschen, in auffälligem Ess- und Trinkverhalten, in wiederholtem Lügen oder dem Widerwillen, zur Schule etc. zu gehen, plötzlichem Leistungseinbruch oder aber auch einem emotionalen Empfinden, das andere nicht wahrnehmen.

 

Zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter gehören Angststörungen (z. B. mit Panikattacken), Regulationsprobleme (z. B. Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom – ADHS), Bindungsstörungen, Essstörungen, Depressionen, Störungen des Sozialverhaltens, Suchtprobleme (z. B. Internet- oder Spielsucht), Traumafolgestörungen (z. B. sexueller Missbrauch) oder auch Zwangsstörungen (z. B. Waschzwang).

 

Eltern, die bei ihrem Kind über einen längeren Zeitraum Symptome der oben beschriebenen Art bemerken, sollten den zuständigen Kinderarzt aufsuchen, der in einem Erstgespräch erwägen kann, ob eine Vorstellung bei einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie oder einem Psychologen notwendig ist.

Therapie- und Hilfsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche

In Anbetracht der hohen Zahl an psychisch auffälligen Kindern und Jugendlichen hat sich in den letzten Jahren viel im Bereich der Kinder- und Jugendpsychotherapie getan. Von aufsuchenden Betreuungen bei betroffenen Familien zu Hause bis hin zu Konzepten, die eine enge Zusammenarbeit von Kinderärzten, Kinderpsychologen und -psychiatern, aber auch Ergotherapeuten und Logopäden vorsehen, gibt es inzwischen viele fruchtbare Ansätze, Kindern und Jugendlichen frühzeitig und nachhaltig zu helfen. Eine eigens auf junge Patienten zugeschnittene Therapieform ist schon deshalb vonnöten, da bei Kindern und Jugendlichen andere Störungen als bei Erwachsenen im Vordergrund stehen oder selbst bei gleichen Krankheitsbildern andere Symptome ausgebildet werden können. Auch nimmt die Abgrenzung zu entwicklungsbedingten Auffälligkeiten (z. B. aufgrund der Pubertät) einen Großteil der Diagnostik ein. Um Kindern und Jugendlichen effektiv helfen zu können, rückt die ganzheitliche Betrachtung des problematischen Verhaltens in den Mittelgrund. Mithilfe von Gesprächen werden auch die familiären Zusammenhänge und das Umfeld beleuchtet, um beurteilen zu können, was die Situation verursacht hat und was sie letztlich verbessern kann. Daher bildet die Mithilfe von Eltern bzw. Erziehungsberechtigten einen wesentlichen Baustein innerhalb der Therapie. Davon zu unterscheiden sind psychische Erkrankungen des Kindes, die sich aus einer genetischen Disposition ableiten lassen. So haben Kinder aus Familien, in denen ein Elternteil psychisch erkrankt ist, ein größeres Risiko, selbst zu erkranken. Genetische Faktoren nehmen bei der Ursachenerforschung also einen nicht unerheblichen Platz ein, wenngleich sie nicht alleine verantwortlich gemacht werden können, sondern erst im Zusammenspiel mit weiteren psychosozialen und individuellen Aspekten zum Tragen kommen.

 

Die SOMNIA Privatkliniken setzen unabhängig vom Krankheitsbild auf eine ganzheitliche ärztliche und therapeutische Unterstützung, um einer dauerhaft bleibenden psychischen Erkrankung effektiv entgegenzuwirken. Mit viel Zeit für unsere kleinen und größeren Patienten und in enger Zusammenarbeit mit den Familien finden wir gemeinsam geeignete Behandlungswege, um einen nachhaltigen Gesundungsprozess bewirken zu können.