Nachbericht zum Symposium „Was Coaching leisten kann und wie es wirkt – vor allem, wie es sich in Zeiten der Pandemie verändert hat“
Im Rahmen der diesjährigen Fortbildungsveranstaltung der Oberberg Somnia Fachklinik Köln-Hürth zum Thema „Was Coaching leisten kann und wie es wirkt – vor allem, wie es sich in Zeiten der Pandemie verändert hat“ wurde das Berufsfeld des Coachs und dessen Abgrenzung zur Psychotherapie beleuchtet. In der Einführung begrüßte Chefarzt Dr. med. Jaroslav Malevani zunächst die Referentin Juliane Njankouo sowie die Gäste aus dem medizinischen-therapeutischen Bereich und wies gleich zu Beginn anhand von Fallbeispielen auf die Schnittstellenproblematik zwischen den beiden Fachgebieten hin.
Coaching und Psychotherapie – was sind die Unterschiede?
Juliane Njankouo, die seit 2017 als systemischer Coach, Team-Coach und Change Manager sowie Paar- und Sexualberaterin eine eigene Praxis in Köln leitet, stellte die Besonderheiten ihres Tätigkeitsbereiches vor. Coaching sei ein weit gefasster Begriff, ähnlich vielseitig und dennoch sehr verantwortungsvoll seien auch die Aufgaben eines Coaches – er oder sie berate und unterstütze seine/ihre KlientInnen, die zumeist in Führungspositionen tätig seien, und helfe diesen bei der Bewältigung schwieriger Situationen oder der persönlichen Weiterentwicklung. Das Thema Coaching habe in der Öffentlichkeit – leider oft zu Recht – einen sehr zweifelhaften Ruf, denn die Berufsbezeichnung „Coach“ sei nicht geschützt, sodass sich Menschen mit unterschiedlichen Ausbildungshintergründen und Qualifikationen dieser Aufgabe widmen können. Die Expertin berichtete, dass es stichhaltige Gründe gäbe, weshalb Menschen einen Coach aufsuchen würden. „Während ein Coaching als „gesellschaftsfähig“ angesehen wird, ist eine psychiatrische oder therapeutische Behandlung leider immer noch mit dem Stigma einer psychischen Krankheit behaftet“, merkte der erfahrene Coach kritisch an. Lange Wartezeiten würden oft den Zugang zu PsychotherapeutInnen erschweren und außerdem handele es sich bei den zu coachenden Problemen meistens nicht um Krankheiten, sondern um Störungen, die nicht in das Leistungsspektrum der Krankenkassen fallen würden. Dr. med. Hans-Thomas Gosciniak, niedergelassener Psychiater und Psychotherapeut, ging darauf ein, dass ein Coaching zwar keine Therapie sei, es dennoch eine wertvolle therapiebegleitende Maßnahme sein könne. Die wesentlichen Unterschiede zur Psychotherapie seien ihm zufolge: (a) Das Coaching wendet sich an definierte Zielgruppen, während bei der Psychotherapie alle psychischen Probleme Beachtung finden, (b) im beruflichen Bereich ist das Coaching – anders als die Psychotherapie - oft profit- oder karriereorientiert, (c) private und persönliche Ressourcen müssen tragfähig genug sein – in der Psychotherapie allerdings müssen diese aufgebaut oder wiederhergestellt werden, (d) Coaching ist ziel- und leistungsorientiert und kann keine Veränderung intrapsychischer Probleme anstreben.
Paarberatung als weitere Komponente des Coachings
Juliane Njankouo erläuterte, dass neben dem Personal- und dem Business-Coaching die Paarberatung einen weiteren Schwerpunkt des Berufsbildes darstelle. Paare würden oft Probleme in ihrer Beziehung entwickeln und erlebten eine Entfremdung, aus der sie manchmal allein nicht mehr herausfinden würden. „Eine solche Partnerschaftskrise ist keine Krankheit, sondern meist ein Verlust an Beziehungskompetenz“, war die Referentin der Meinung. Da aber solche Konflikte oft auch in psychische oder psychosomatische Störungen übergehen würden oder umgekehrt Folge einer solchen Störung seien, sollte man diese KlientInnen immer zum Aufsuchen einer Therapie motivieren – und, wenn möglich, in der Lage sein, ihnen einen Therapieplatz zu vermitteln. Eine tragfähige Kooperation mit psychologischen PsychotherapeutInnen und FachärztInnen für Psychiatrie und Psychotherapie habe daher eine große Bedeutung.
Einbeziehung der Kinder in die Trennungsbegleitung als wichtiger Faktor
Ferner ging Juliane Njankouo auf das Thema Trennungsbegleitung von Paaren ein. Dieses beinhalte neben der Verständigung von Paaren auch die Arbeit mit den beteiligten Kindern, die oft am meisten belastet seien. Wenn sich ein Paar trenne, müsse sich nicht automatisch auch die Familie trennen. Die Arbeit, beziehungsweise die Verständigung mit den betroffenen Kindern, sei unglaublich berührend und gleichzeitig sehr aufschlussreich, um Zusammenhänge und Zukunftsideen erspüren und im besten Falle begreifen zu können.
Pandemie als neue Herausforderung in der Paarbeziehung
Die für Paare meist extreme Belastung durch die pandemiebedingte Lebensumstellung konfrontiere KlientInnen, Coaches und TherapeutInnen mit neuen Herausforderungen, auf die man sich wohl langfristig einstellen müsse, berichtete Njankouo. Hier zeige sich in besonderem Maße eine Grauzone, in der die zu coachenden Probleme sich mit Störungen von Krankheitswerten verbinden – der Übergang des Klienten/der Klientin zum Patienten/zur Patientin bedürfe dann einer fachlich kompetenten Behandlung, die idealerweise rasch einsetzen sollte. Die Expertin betonte, dass gerade die Pandemie-Problematik die Chance biete, Psychotherapie und Coaching als komplementäre Hilfestellung einzusetzen. „Und auch dafür braucht ein Coach Hilfe und Netzwerk von erfahrenen PsychotherapeutInnen und FachärztInnen“, forderte Njankouo
Am Ende der Veranstaltung ergab sich bei einem kleinen Imbiss die Gelegenheit, sich über die Vortragsinhalte auszutauschen und darüber zu diskutieren.
Mehr zur Fachklinik:
https://www.oberbergkliniken.de/fachkliniken/koeln-huerth
Mehr zum Chefarzt:
https://www.oberbergkliniken.de/unser-team/dr-med-jaroslav-malevani