Obgleich Kränkungen in der menschlichen Gesellschaft ubiquitär verbreitet sind, und obwohl wir ahnen, dass ihnen auch eine wesentliche Bedeutung in der Genese und Aufrechterhaltung von psychischen Störungen zukommt, ist unser Wissen über die intra- und interpsychischen Wirkmechanismen der Kränkung nur rudimentär. Übereinstimmung herrscht, dass die Kränkungserfahrungen in Form von Mobbing in Kindheit und Adoleszenz für die Entwicklung von psychischen Störungen, Suizidalität und Kriminalität prädisponieren. Auch im forensischen Fachgebiet besteht die kursorische Gewissheit, dass Kränkungen einen erheblichen Beitrag für die Genese von Gewaltverbrechen leisten, vgl. dazu auch die Psychopathologie von Amokläufern.
Dieser Vortrag möchte einen etwas grundlegenderen Beitrag zum Verständnis von Kränkungen als evolviertes transgenerationales Muster leisten und darauf aufbauend interventionelle Möglichkeiten ausloten.
Prof. Martin Bohus war über viele Jahre Inhaber des Lehrstuhls für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universität Heidelberg und Ärztlicher Direktor am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim, wo er weiterhin als Gastprofessor tätig ist.