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Entspannen in Zeiten von Corona

Die aktuelle Corona-Pandemie verlangt von uns allen große psychische und physische Widerstandskraft. Im Deutschen Ärzteblatt wurden daher kürzlich neun „Mini-Interventionen“ zur Selbstfürsorge veröffentlicht (Deutsches Ärzteblatt Jahrgang 117 Heft 22-23).


Die Autoren fordern dazu auf, die vorgestellten Übungen „individuell anzupassen und zu variieren“. Wir möchten Sie einladen, eigene Erfahrungen zu ergänzen und mit uns darüber in einen Dialog zu kommen. Hinter „ABSICHERN“ verbergen sich die Maßnahmen:
Abstand, Bilaterale Aktivierung, Seelenzeit, Imagination, Correct Cognitions, Humming, Entschleunigtes Atmen /  Erdung, Rat einholen, Neugierde kultivieren / Normalität.

 

  1. Abstand halten bezieht sich nicht nur auf die anderthalb Meter (wo es geht), sondern auch auf einen inneren Abstand, beispielsweise indem man sich vorstellt, einige Meter weiter weg vom Ort des Geschehens zu sein. Auch die Vorstellung, über der Situation zu stehen, kann helfen, das Stresslevel zu reduzieren. Eine weitere Empfehlung ist, sich bewusst zu werden: Auch kurze Pausen sind Pausen.
  2. Die bilaterale Stimulation ist eine Aktivierungsübung, bei der zum Beispiel abwechselnd mit der linken und der rechten Hand eine Faust geformt wird
    und die linken und rechten Fußzehen etwa 50 mal und im Sekundentakt gekrallt werden. Anschließend blickt man abwechselnd an die rechte und linke Zimmerdecke. Dieser Zustand wird durch ein Sichwiegen intensiviert. Dabei können die Bewegungen ganz minimal und von außen kaum sichtbar sein. Durch das Zurückzählen von zehn auf null gelingt es, sich aus der Übung zurückzuholen.
  3. Hinter dem Begriff Seelenzeit verbirgt sich die Möglichkeit, den Mitmenschen nonverbal zu signalisieren: „Lasst mich mal kurz in Ruhe, nicht ansprechen.“ Dazu faltet die Person ihre Hände ungefähr wie eine Pyramide, mit dem sich berührenden Mittelfinger als Spitze, die Handflächen berühren sich nicht.
  4. Eine weitere und oft unterschätzte mentale Technik ist die Imagination, mit deren Hilfe man sich beispielsweise einen schönen Ort vorstellt – möglichst mit allen Sinnesqualitäten. Vor negativen und belastenden Gedanken ist gerade in Ausnahmesituationen niemand gefeit. Umso wichtiger ist es, diese Gedanken auch wieder loszulassen.
  5. Um negative Einstellungen zu korrigieren (correct cognitions) kann eine Gedankenstopp - Übung helfen: Dabei stellt sich die Person möglichst bildlich vor, dass sie den oder die Gedanken niederschreibt – beispielsweise angedeutet mit dem Zeigefinger in der Luft – und den imaginierten Zettel in eine Kiste legt. Bestärkende Gedanken wie „weg ist er“ können beim Loslassen helfen.
  6. Humming (Summen) kombiniert entschleunigtes Atmen, das bekannterweise auch physiologisch zur Stressreduktion beitragen kann, mit einem interessanten weiteren wissenschaftlichen Befund: der Ankurbelung der körpereigenen NO - Produktion in den oberen Luftwegen, welche antiviral wirken soll. Es konnte in Studien gezeigt werden, dass durch das Summen die zelluläre Stickstoffmonoxid-Produktion in der Nasenschleimhaut um das 15-fache zunimmt. Das begünstigt unter anderem das Mikrobiom in der Nase, die Durchblutung und die Schleimproduktion in den Nasengängen und Nebenhöhlen – also genau in den Geweben, in denen COVID -19 viele Tage verweilt, bevor andere Gewebe infiziert werden.
  7. Natürlich lässt sich auch unabhängig vom Summen durch entschleunigtes Atmen Stress reduzieren. Dabei wird im Wechsel sechs Sekunden lang aus - und vier Sekunden lang eingeatmet. Zwei solcher Durchgänge können beispielsweise während des Händewaschens durchgeführt werden.
  8. Eine einfache und oft vernachlässigte Maßnahme, um das Stresslevel in Ausnahmesituationen zu senken, ist es, sich Rat einzuholen. Niemand weiß alles. Die „Schwarmintelligenz“ zu nutzen entlastet und verteilt Verantwortung.
  9. Schließlich lautet die Empfehlung, neugierig zu bleiben. Das heißt, sich regelmäßig und bewusst abzulenken und zum Beispiel vergessene Interessensgebiete wieder aufzunehmen. Mithilfe einer festen Tagesstruktur kann es besser gelingen, trotz großer Herausforderungen und Unsicherheiten feste Orientierungspunkte aufrechtzuerhalten und ein Stück Normalität zu wahren.

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