Zeit der Stille - niederschwelliger Zugang zur Besinnung
„Wenn ich Arzt wäre und man fragte mich: Was rätst du? Ich würde sagen: Schaffe Stille!“ –
Mit diesem Zitat des Philosophen Sören Kierkegard beginnt der Zenlehrer Marcel Steiner sein Buch: „Tiefe Stille – Weiter Raum“. Er meint, ohne Stille würden wir krank, würden wir taub für alle anderen Sprachen und Klänge. Stille sei eine Weltsprache, die uns mit allen Menschen und Kreaturen verbinde. Wie aber ein Mensch, der in einem fremden Land aufwachse, seine Muttersprache langsam vergesse, so würden wir in dem gegenwärtigen globalisierten Lärm den Zugang zur Stille vergessen. Weil aber die Stille fundamental zu unserem Menschsein gehöre, „schreie“ sie immer eindringlicher und versuche, sich Gehör zu verschaffen – allerdings verkleidet als Leere und Langeweile.
… Zeit zum Nachdenken
… Kraft holen
…. Sich besinnen
…. Sich austauschen
Unter diesem Motto findet in der Oberberg Fachklinik Rhein-Jura seit März 2019 jeden Donnerstagabend ein Angebot zur Besinnung statt. Das Treffen hatte von Anfang an eine gute Resonanz bei den Patient*innen. „Es ist sehr wohltuend, mal wieder eine Geschichte vorgelesen zu bekommen und gemeinsam Musik zu hören“, so der Kommentar einer Teilnehmerin. Coronabedingt können sich derzeit bis zu 6 Patient*innen im neu restaurierten Raum der Stille treffen.
Stille als Ritual
Ähnlich einem Ritual findet die „Zeit der Stille“ nach einem immer gleichbleibenden Programm statt. Nach einer vorgelesenen Geschichte haben die Patient*innen Zeit, ihren eigenen Gedanken nachzuspüren. In dieser Phase wird Musik eingespielt. Die Zeit der inneren Einkehr wird mit einem Gebet oder besinnlichen Text beendet, bevor die Möglichkeit zum Austausch gegeben ist. Die Geschichten haben unterschiedliche Themen, die ausdrücklich eigene Interpretationen und Zugänge erlauben. „Eine gute Geschichte weitet die Perspektive, öffnet Horizonte“ – schreibt der Mönch und Buchautor Anselm Grün. Geschichten können innere Bilder wachrufen und ermöglichen Anknüpfungspunkte an die persönliche Situation und Lebensgeschichte.
Zugang zur Stille
Auch wenn das Angebot „Zeit der Stille“ heißt, gibt es nur wenige Momente, in der absolute Stille herrscht. Durch das permanente „unter Strom stehen“ der Menschen in der heutigen Gesellschaft braucht es einen einfachen Zugang zur Stille. Musik erleichtert diesen Zugang zu einer besinnlichen und ruhigen Zeit, die dadurch besser „auszuhalten“ ist. Patient*innen werden häufig von der Musik berührt und spüren Emotionen, die oft lange unterdrückt wurden. Im abschließenden Gespräch haben Patient*innen die Möglichkeit, das eben Erlebte in Worte zu fassen, sich mitzuteilen und voneinander zu hören. Immer wieder wird dabei der Zusammenhang von Geschichte, Musik und Gebet zum Thema gemacht. Idealerweise unterstützen sich die einzelnen Elemente gegenseitig und fügen sich zu einem harmonischen Ganzen zusammen.
Besinnungs-Zeit
Die Zeit der Stille ist ein Angebot, die unseren Patient*innen einen niederschwelligen Zugang zur Stille ermöglicht. Dabei können auch manche spirituellen Fragen der Patient*innen einen guten Platz finden und ggf. in einem Einzelgespräch vertieft werden. Im Eingangsbereich unseres Raumes der Stille ist ein Gedicht des persischen Dichters Rumi (1207 – 1273) zu finden, das zur Einweihung des Raumes am 02.10.2013 gestiftet wurde und an Aktualität nicht verloren hat:
Stille
Die Stille bedeutet mehr
als tausend Leben,
und diese Freiheit ist mehr wert
als alle Reiche der Welt.
Die Wahrheit in sich selbst erblicken,
nur für einen Augenblick,
gilt mehr als alle Himmel,
mehr als alle Welten,
mehr als alles, was es gibt.
Ansprechpartner Sie können sich jederzeit vertrauensvoll an uns wenden
Sie haben weitere Fragen? Egal, ob Sie etwas zu unserem Therapieangebot, zur Kostenübernahme oder der Zimmerausstattung wissen möchten – zögern Sie nicht, Kontakt mit uns aufzunehmen. Wir helfen Ihnen gerne weiter und sind zu jeder Tages- und Nachtzeit für Sie erreichbar.
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