Schematherapie als „schulenübergreifender“ Therapieansatz
Die Schematherapie ist ein integrativer Behandlungsansatz, der auf dem Boden entwicklungspsychologischer Theorien, der Lerntheorien und der kognitiven Verhaltenstherapie entwickelt wurde (Young et. al 2008). Dysfunktionale Schemata werden in der Schematherapie als psychologische Konstrukte verstanden, welche individuelle Annahmen über das Selbst, die Umwelt und andere Menschen beinhalten. Die Entstehung der Schemata wird in Zusammenhang mit der frühkindlichen Umgebung inklusive eines Mangels kindlicher Bedürfnisbefriedigung in Kombination mit dem individuellen Temperament gesehen. Im Verlauf eines Lebens werden diese Schemata dann durch multiple Prozesse aufrechterhalten und weiterentwickelt.
Als eine der wichtigsten Weiterentwicklungen dieses transdiagnostischen Ansatzes ist sicherlich der „Schema-Modus-Ansatz“ (Fassbinder et. al. 2014) zu nennen. Ein Schemamodus ermöglicht die Konzeptualisierung intensiver emotionaler Zustände bei Aktivierung auch mehrerer Schemata.
Es werden vier Typen unterschiedlicher Modi konzeptualisiert (Jacob und Faßbinder 2015):
- Dysfunktionale Kindmodi: Sie bilden den emotionalen Kern der Schemata. Wenn diese Modi aktiv sind, werden übermäßige, intensive Gefühle wie Scham, Angst, Traurigkeit oder Wut spürbar.
- Dysfunktionale Elternmodi: In diesem Modi zeigen sich, ähnlich dem tiefenpsychologischen Konzept der negativen Introjekte, Selbstabwertung und Selbsthass.
- Bewältigungsmodi: Diese enthalten Muster- bzw. Abwehrstrategien, mit denen die Betroffenen die intensiven emotionalen Gefühle der dysfunktionalen Kind- und Elternmodi vermeiden (z.B. durch Substanzmißbrauch), überkompensieren (z.B. durch narzisstische Selbstüberhöhung) oder sich den Anforderungen unterwerfen.
- Gesunde Modi: Funktionales und lustbetont-spielerisches Erleben und Handeln werden im gesunden Erwachsenenmodus und im fröhlichen Kindmodus konzeptualisiert.
Mit der Möglichkeit zur Konzeptualisierung auch mehrerer aktiver Schemata kann die Schematherapie vor allem zur Behandlung von Patienten mit Persönlichkeitsstörungen und komplexen chronischen Schwierigkeiten genutzt werden.
Im Rahmen von modusspezifischen Interventionen kombiniert dieser therapeutische Ansatz dann Techniken aus unterschiedlichen therapeutischen „Schulen“. Neben einer Psychoedukation finden sich emotionsaktivierende Techniken wie Imaginationen und Stühle-Techniken ebenso wie kognitive Techniken oder die Vermittlung von Fertigkeiten. Diese Interventionen ruhen auf einer besonderen therapeutischen Beziehung (Limited reparenting), welche es dem Therapeuten ermöglicht, zu Beginn der Therapie Defizite in der Bedürfnisbefriedigung auszugleichen und im Verlauf als Modell gesunder Beziehungsgestaltung wie auch einer adäquaten Bedürfnisbefriedigung zu fungieren.