Mobbing, Burn-out, Bore-out - Seelische Gesundheit am Arbeitsplatz
In unserer Gesellschaft spielt die Arbeit eine große Rolle. Nicht nur verbringen wir einen Großteil unserer Zeit an unserer Arbeitsstelle, widmen unsere Arbeitskraft dem Unternehmen und den Kollegen. Wir definieren uns auch zu einem nicht unerheblichen Maße über unsere Arbeit, genießen Anerkennung und Wertschätzung, sei es in Form von Auszeichnungen oder Gehaltszahlungen. Doch was ist, wenn das Gleichgewicht aus den Fugen gerät? Wenn zu viel oder zu wenig Arbeit da ist, wir über- oder unterfordert sind? Wenn Kollegen und Vorgesetzte uns nicht die erwartete Anerkennung entgegenbringen, sondern Worte wie Mobbing oder Bossing den Raum erfüllen? Für viele wird das Arbeitsleben dann zu einem fragilen Konzept, das nicht zuletzt die eigene Gesundheit auf eine harte Probe stellt. „Gesundheit am Arbeitsplatz“ ist längst kein Nischenthema mehr und beschäftigt bereits seit geraumer Zeit auch die Politik. Was können Unternehmen und Mitarbeiter tun, um die viel beschworene Work-Life-Balance aufrechtzuerhalten und die seelische Gesundheit am Arbeitsplatz nachhaltig zu stärken?
Wenn Arbeit krank macht: Mobbing, Burn-out, Bore-out & mehr
Vollzeitbeschäftigte verbringen in Deutschland durchschnittlich 43,5 Stunden in der Woche an ihrem Arbeitsplatz. Vertraglich vereinbart sind dabei nur 38,6 Stunden. Überstunden sind somit in vielen Unternehmen nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Doch wenn die Arbeitsbelastung nicht mehr aufzufangen ist, die Aufgaben zunehmen und der Druck steigt, verursacht das Stress, der Arbeitnehmer langfristig krank machen kann. Eine typische Folgeerkrankung ist beispielsweise Tinnitus und Burn-out, ein chronischer Erschöpfungszustand, der mit Symptomen wie Schlaflosigkeit, mangelnder Leistungsfähigkeit, Antriebslosigkeit und innerer Leere einhergeht. Aber auch die entgegengesetzte Form ist denkbar. Fühlen sich Arbeitnehmer durchweg unterfordert und langweilen sich auf ihrer Arbeitsstelle, spricht man vom Bore-out-Syndrom, das im Vergleich zu Burn-out ähnliche Symptome, aber andere Ursachen aufweist. Daneben spielen vor allem Mobbing und die Sonderform des Bossings (Schikanen, die von Vorgesetzten ausgehen) eine Rolle, wenn es darum geht, wie zufrieden wir uns in unserem Arbeitsumfeld bewegen. Beide Formen stellen einen enormen Stressfaktor für Arbeitnehmer dar, in dessen Folge Selbstzweifel, Ängste und Depressionen auftreten können. So können sich psychische Störungen manifestieren, die langfristig auch den Verlust des Arbeitsplatzes mit sich bringen können, manchmal sogar den Abschied aus dem Berufsleben. Tendenz steigend. Im Vergleich zu den 1990er-Jahren hat sich der Anteil an Menschen, die aufgrund seelischer Leiden frühverrentet werden, in etwa verdreifacht. Psychische Erkrankungen sind demnach inzwischen die Hauptursache für eine Frühverrentung. Dass Arbeitnehmer sowohl physisch als auch psychisch gesund bleiben, ist somit nicht nur aus persönlicher Sicht für das Wohlbefinden des betroffenen Arbeitnehmers selber von Bedeutung, sondern liegt darüber hinaus auch im Interesse der Unternehmen und der Politik. Die Folge eines Ausfalls von Arbeitskräften bedeutet für Unternehmen wie auch die Volkswirtschaft Kosten in Milliardenhöhe.
Was Arbeitgeber für ein gesundes Arbeitsklima tun können
In den letzten Jahren ist das Konzept der Work-Life-Balance verstärkt in den Mittelpunkt des Arbeitslebens gerückt. Gemeint ist damit der Einklang von Berufs- und Privatleben, denn – so viel steht für alle Beteiligten fest – ein harmonisches Ineinandergreifen beider ist für alle der Idealzustand. Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Zeit und ausreichendes Gehalt, den eigenen Freizeitinteressen nachzugehen, sind in diesem Zusammenhang oft zitierte Anliegen seitens der Arbeitnehmer. Denn wer nach der Arbeit zu müde ist oder keine Zeit mehr für Freunde und Familie hat, wird auf Dauer unglücklich. Ein ausgewogenes Verhältnis von Berufs- und Privatleben erscheint vor diesem Hintergrund fast schon als Garant für mentale Stärke am Arbeitsplatz. Doch es darf dabei nicht vergessen werden, dass sich die seelische Gesundheit am Arbeitsplatz aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzt:
Arbeitsklima: Die beste Work-Life-Balance ist nur halb so effektiv, wenn man nicht gerne zur Arbeit geht. Ein angenehmes Betriebsklima sorgt für mehr Zufriedenheit.
Abwechslung: Wer sich mit vielfältigen Aufgaben auseinandersetzen kann und dabei auch immer wieder Neues lernt, ist mit seiner Arbeit insgesamt glücklicher. Ein angemessener Arbeitsumfang – nicht zu viel und nicht zu wenig – ist ebenso entscheidend.
Karriere: Es muss nicht gleich der ganz große Karrieresprung sein, aber die Aussicht auf eine Beförderung und Aufstiegschancen stimmt zufrieden.
Gehalt: Geld allein macht nicht glücklich. Das stimmt. Aber für ein sorgenfreies Leben und als Anerkennung für geleistete Arbeit ist der Wert eines angemessenen Gehaltes nicht zu unterschätzen.
Arbeitszeiten: Stimmt die Work-Life-Balance, so können Arbeitnehmer auch über ein paar Überstunden hinwegsehen. Für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist Gleitzeit ein interessanter Faktor.
Führungsposition: Verantwortung allein macht nicht glücklicher. Wer aber tatsächlichen Gestaltungsspielraum (und auch mehr Gehalt) zugesprochen bekommt, empfindet den beruflichen Aufstieg als Glück.
Alle diese Bausteine tragen ihrerseits zu unserem Wohlbefinden am Arbeitsplatz bei. Darüber hinaus fördert die Bundesregierung die betriebliche Gesundheitsförderung. Rund 500 Euro können Betriebe nach § 3 Nr. 34 Einkommensteuergesetz (EStG) pro Mitarbeiter als steuerfrei ansetzen und damit Präventionsmaßnahmen wie Bewegungsprogramme, Ernährungsangebote, Kurse zur Suchtprävention und Stressbewältigung fördern.
Was hilft, wenn nichts mehr geht
Wer unter seiner aktuellen Arbeitssituation leidet, sich über einen langen Zeitraum Stress ausgesetzt fühlt, dem Druck nicht mehr gewachsen ist und nur noch widerwillig zur Arbeit geht, sollte sich frühzeitig um Hilfe bemühen. Was belastet mich bei der Arbeit? An welchen Stellschrauben kann ich drehen, um die Beeinträchtigung zu mildern? Hilft ein erstes Gespräch mit Kollegen und/oder Vorgesetzten? Oftmals lassen sich die Weichen frühzeitig justieren, um einer ernsthaften Folgeerkrankung wie beispielsweise Burn-out oder einer Depression entgegenzuwirken. Wer nicht mehr alleine aus dem Strudel herausfindet und unter den oben beschriebenen Symptomen bzw. Erkrankungen leidet, sollte für ein erstes Gespräch seinen Hausarzt oder eine andere Anlaufstelle aufsuchen.. Dank individueller, auf die Situation und die Person abgestimmter Therapiekonzepte – ob ambulant oder in einem stationären Setting, wie es von den Oberbergkliniken angeboten wird, ist eine Linderung der psychischen Symptome und eine grundlegende systemische Veränderung möglich. Ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Beruf ist damit vermeidbar. Arbeit macht Spaß. Ziel ist es, diesen Satz wieder bedenkenlos unterschreiben zu können.